Rückdatierte Einkreisstempel von Ötringen und Rümelingenauf den WappenmarkenEinleitungDer luxemburgische Briefmarkenhändler Frédéric Heim kaufte vertraglich am 8. November 1906 das Briefmarkenlager der seit dem 31. Dezember 1905 ungültigen Marken der Luxemburger Postverwaltung ab[1]. Sein schriftliches Gebot von 155.000 Franken war das höchste. Abb. 1 listet die verkauften Marken auf. Zu erwähnen ist, dass in der Tabelle die 1 Franken Brück-Marken (29.404 Stück) nicht gelistet sind, aber in gleichem Artikel erwähnt werden.
Abb. 1: Auflistung der verkauften Marken, aufgeteilt nach den Ausgaben[2]
Der Briefmarkenmarkt wurde somit überschwemmt mit den oben erwähnten ungestempelten Marken. Manche gestempelte Marken blieben seltener, und die Nachfrage der Sammler an gestempelten 40 Centimes und 1 Franken Marken der Brück-Ausgabe ließ nicht nach. Noch im Jahr 1916 musste Herr Heim einen beachtlichen Vorrat an Marken gehabt haben. Er beantragte bei der Postverwaltung die Möglichkeit, die 1906 erworbenen Marken mit rückdatierten Abschlägen zu versehen, da wie erwähnt, die gestempelten Marken nun gefragter waren. Wie aus dem UTL Bericht der Monatsversammlung vom 13. Februar 1916[3] hervorgeht, erhielt er dafür die offizielle Erlaubnis, was unter den Philatelisten für Empörung sorgte. In dem gleichen Bericht wurden folgende Postanstalten aufgelistet, mit denen Herr Heim einen Teil seines Lagers abstempeln durfte: Esch-sur-Alzette, Echternach und Rodange. Schon im Michel Europakatalog aus dem Jahr 1918 wurde vor diesen Falschstempeln gewarnt. Heute wissen wir, dass in dieser Zeit noch weitere Ortschaften mit rückdatiertem Stempel versehen wurden. Es sind die Einkreisstempel „Ötringen“ und „Rümelingen“. Nun gilt es zu beweisen, dass die Stempel rückdatiert und eben nicht zeitgerecht auf Wappenmarken abgestempelt wurden. ÖtringenAm 1. Juli 1873 erhielt Ötringen eine Paketpostagentur[4], abhängig von Luxemburg-Bahnhof. Ab dem 10. Januar 1881 wurde die Paketpostagentur abhängig von Grevenmacher[5]. Echte Ötringen-Abstempelungen mit einem Einkreisstempel aus der Verwendungszeit der Wappenmarken sind sehr selten. Bis dato liegt uns nur eine einzige Abstempelung vor, diese ist in blauer Farbe (Abb. 2). Abb. 2: 12,5 Centimes-Marke der dritten Lieferung der Druckerei Pierre Brück[6], mit der einzig bekannten zeitgerechten Abstempelung. Neben der Paketpostagentur gab es in Ötringen seit 1866[7] noch ein Relais, in dem später der große Zweikreisstempel „POSTES RELAIS 6“ und danach der Zweikreisstempel „OETRANGE“ verwendet wurden. Die Bekanntmachung vom 30. Januar 1893 lautet folgendermaßen: „Das Postrelais in Oetringen ist aufgehoben und dem Bestellbezirke des Postamtes Luxemburg-Bahnhof zugetheilt worden“[8]. Ob hiermit auch die Paketpostagentur aufgehoben wurde, ist uns nicht bekannt. Bis heute sind zu wenig echte zeitgerechte Abstempelungen der Allegorie-und Adolph-Ausgabe mit dem Einkreis bekannt, um dies nachzuvollziehen. Jahrzehnte später wurde am 1. Mai 1918 ein neues Postrelais in Ötringen eingeführt[9]. Observierte Verwendungsperiode des Einkreisstempels „Ötringen“: 24. Juni 1875 – 26. Mai 1920[10]. Laut dieser observierten Verwendungsperiode müsste es noch mindestens einen weiteren Abschlag auf einer Wappenmarke geben. RümelingenAm 1. Juli 1873 erhielt Rümelingen eine Paketpostagentur[11] und wurde am 12. August 1874 zur Perzeption erhoben[12]. In Rümelingen wurde zuerst der Einkreisstempel „Rumelange“ verwendet, und danach der Einkreisstempel „Rümelingen“. Aus der Zeit der Paketpostagentur ist bis heute kein Abschlag bekannt. Die Stempelfarbe der Abschläge in der Perzeption war schwarz. Observierte Verwendungsperiode des Einkreisstempels „Rumelange“: 10. Oktober 1874 – 21. Juni 1888[13]. Observierte Verwendungsperiode des Einkreisstempels „Rümelingen“: 31. Dezember 1889 – 25. Juni 1901[14]. Keine einzige Wappenmarke ist uns bekannt mit einem echten nachweisbaren Abschlag „Rümelingen“. Zur Zeit des Gebrauchs der Wappenmarken war der Einkreisstempel „Rumelange“ im Einsatz. Rückdatiere Abschläge auf den WappenmarkenAn folgenden Merkmalen haben sich die rückdatierten Abschläge verraten:
Abb.3: 40 Centimes Marke von Brück mit rückdatiertem Rümelingen-Stempel vom 12. Juni 1879[16].
Abb.4: 1 Franken Marke von Brück mit rückdatiertem Ötringen-Stempel vom 16. März 1879[18].
Diese Marken wurden nie verausgabt, da sie durch die Zähnung und das Papier nicht identisch mit den Originalen waren und dadurch leicht als Neudruck zu enttarnen wären. Sie wurden mit dem Lager im November 1906 an Frédéric Heim verkauft.
Der Rümlingen-Stempel wurde auf einem 25 Centimes Neudruck rückdatiert vor der Bestellung und Lieferung (Abb. 5). Abb.5: 25 Centimes Neudruck auf gelbem Papier mit rückdatiertem Rümelingen-Stempel vom 18. Januar 1885[20].
Abb.6: 1 Franken Marke von Brück auf Briefstück mit rückdatiertem Rümelingen-Stempel vom 20. November 1880[22].
Folgend die beobachteten rückdatierten Daten der beiden Einkreisstempel. Zu erwähnen ist, dass bei fast jeder Rückdatierung ein neues Datum eingestellt wurde. Diese Liste ist nicht als vollständig zu betrachten, denn fast jede Neuentdeckung führt zu einem weiter erfassten rückdatierten Datum.
Für das Mitteilen einer Wappenmarke mit blauem Ötringen-Einkreisstempel sind wir dankbar.
Commission pour la Philatélie traditionnelle, les Entiers postaux et l’Histoire postale du Luxembourg.
_________________________________________ [1] ANLUX, FIN-01568. [2] Moniteur du Collectionneur, UTL November 1906, 102. [3] Archives UTL. [4] Poos, N, Die Post des Grossherzogtums (Luxemburg 1951), 172. [5] Entscheidung 133 des Direktors der Finanzen, 7. Januar 1881, Postinstruktion 109, April 1881. [6] Sammlung Olivier Nosbaum. [7] Poos, N., Die Post des Grossherzogtums (Luxemburg 1951), 172. [8] Memorial A, N°6, 1893. [9] Poos, N., Die Post des Grossherzogtums (Luxemburg 1951), 172. [10] F.S.P.L. Commission d’Etudes, Handbuch zur Philatelie in Luxemburg, Lieferung 8.3.1 Tagesstempel, Stand April 2021. [11] Poos, N., Die Post des Grossherzogtums (Luxemburg 1951), 169. [12] Arrêté royal grand-ducal du 12 août 1874, Memorial A, N°24, 1874. [13] F.S.P.L. Commission d’Etudes, Handbuch zur Philatelie in Luxemburg, Lieferung 8.3.1 Tagesstempel, Stand April 2021. [14] Ebenda. [15] Reis, J.-P., Statistique historique du Grand-Duché de Luxembourg – Administration des postes et des télégraphes – histoire des postes, des télégraphes et des téléphones (Luxembourg 1897), 220. [16] Banque du Timbre 164, Los 537, 9. Januar 1999. [17] Reis, J.-P., Statistique historique du Grand-Duché de Luxembourg – Administration des postes et des télégraphes – histoire des postes, des télégraphes et des téléphones (Luxembourg 1897), 220. [18] Sammlung Olivier Nosbaum. [19] ANLUX, FIN-01568. [20] Sammlung Olivier Nosbaum. [21] https://hls-dhs-dss.ch/fr/articles/041989/2011-07-26/ (Stand 4. April 2021). [22] Sammlung Olivier Nosbaum. |
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- Geschrieben von : Olivier Nosbaum und Marc Schaack